In einer im Fernsehen übertragenen Rede kündigte Biden an, die Gelder am Freitag im Kongress beantragen zu wollen - laut Insidern 14 Milliarden Dollar. Die Hamas versuche die Demokratie des wichtigen US-Partners Israel zu zerstören, betonte Biden. Israel hat mit Luftangriffen und einer Abriegelung des Gazastreifens auf den überraschenden Grossangriff der Hamas vor knapp zwei Wochen reagiert. Zuletzt hatten sich Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Bodenoffensive verdichtet. Zugleich wächst die Furcht vor einer Ausweitung des Konflikts. Ägypten lud kurzfristig für Samstag zu einem Friedensgipfel ein, an dem auch Bundesaussenministerin Annalena Baerbock teilnehmen soll.

Biden warb in seiner Rede mit eindringlichen Worten für die Israel-Hilfen, die vom Kongress genehmigt werden müssen: «Es handelt sich um eine kluge Investition, die sich über Generationen für die amerikanische Sicherheit auszahlen wird.» Zugleich betonte der US-Präsident, der am Mittwoch Tel Aviv besucht hatte, die dringende Notwendigkeit von Hilfslieferungen in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen. «Wir können die Menschlichkeit unschuldiger Palästinenser nicht ignorieren, die nur in Frieden leben und eine Chance haben wollen», so Biden.

Lieferungen verzögern sich - Reisediplomatie geht weiter

Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am 7. Oktober einen Grossangriff auf Israel gestartet. Raketen gingen in Israel nieder, und Kämpfer der Hamas drangen in israelische Städte und Kibbuze ein. Mindestens 1400 Menschen wurden getötet, zahlreiche weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion bombardiert Israel das Küstengebiet am Mittelmeer, wobei nach Angaben von Palästinenser-Vertretern bisher rund 3500 Menschen getötet wurden. Von den 2,3 Millionen Bewohnern sollen demnach mehr als eine Million ihre Bleibe verloren haben. Die Menschen berichten von katastrophalen Zuständen: Lebensmittel, Wasser, Treibstoff und Medikamente werden knapp.

Die Chance, dass ein in Ägypten bereitstehender Hilfskonvoi noch am Freitag in den Gazastreifen fahren kann, schien jedoch zunehmend zu schwinden. Der neue US-Sondergesandte für humanitäre Fragen im Nahen Osten, David Satterfield, verhandele noch mit Israel und Ägypten über die genauen Modalitäten, erklärte das US-Aussenministerium. Israel verlangt Garantien, dass die Hilfsgüter nicht in die Hände der Hamas fallen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres wird am Freitag am ägyptischen Grenzübergang Rafah erwartet - dem einzigen Zugang zum Gazastreifen ausserhalb Israels, der allerdings geschlossen wurde. Guterres hat gefordert, dass die Hilfslieferungen wieder auf täglich 100 Lastwagen hochgefahren werden, die schon vor der jüngsten Eskalation zur Versorgung des Gazastreifens notwendig waren. Laut Biden hatten sich Israel und Ägypten zunächst auf einen Konvoi aus 20 Lkw verständigt. In Ägypten stehen mehr als 100 Lastwagen bereit.

Armeesprecher: Zivile Opfer bei Bodenoffensive vermeiden

Israels Armeesprecher Arje Scharus Schalicar rechnete am Donnerstag damit, dass die ersten Hilfslieferungen «morgen, spätestens übermorgen» in Gaza eintreffen. Zugleich betonte er in der Sendung «RTL Direkt», die Vorbereitungen für die Bodenoffensive seien abgeschlossen. Wann genau diese beginne, unterliege der Geheimhaltung. Dabei sollen, so Schalicar, zivile Opfer möglichst vermieden werden. «Wir wollen keine Toten auf unserer Seite sehen. Wir wollen keine Toten unter den Zivilisten im Gazastreifen sehen.»

Bundesaussenministerin Annalena Baerbock verlängerte unterdessen ihre Nahost-Reise. Baerbock werde nach ihren Gesprächen in Tel Aviv und Beirut am Freitagabend nach Kairo weiterreisen, hiess es in Delegationskreisen. In Kairo werde sie am Samstag am «Cairo Summit for Peace» teilnehmen, der vom ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi eröffnet werden soll. Bei der Teilnehmerliste ist noch viel im Fluss. Neben Staats- und Regierungschefs aus der Region werden voraussichtlich weitere EU-Aussenminister teilnehmen.

Die Furcht, dass sich die Gewalt in der Region ausweiten könnte, ist weit verbreitet. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte vor einem Übergreifen des Nahost-Konflikts auf die Region. Israel plante unterdessen die Evakuierung des Ortes Kirjat Schmona an der Grenze zum Libanon im Norden Israels. Der Gazastreifen liegt im Süden. In dem dazwischen gelegenen, von Israel besetzten Westjordanland sind nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 13 Personen bei einem Angriff des israelischen Militärs in einem Flüchtlingslager getötet worden. Darunter seien fünf Kinder.

(Reuters)