Er sagte bei einem an den Finanzmärkten mit Spannung erwarteten Auftritt am Donnerstag in New York, nun sei Geduld gefragt, um zu sehen, wie die seit Anfang vorigen Jahres vollzogenen rasanten Zinserhöhungen wirkten. Die Notenbank Federal Reserve werde daher vorsichtig vorgehen. Dies gilt als Signal, dass beim Zinsentscheid am 1. November wohl keine Erhöhung zu erwarten ist, zumal auch andere führende Währungshüter zuvor Ähnliches andeuteten. Eine weitere Straffung der Geldpolitik könne unter bestimmten Bedingungen jedoch erforderlich sein, betonte Powell. Die Fed werde dies von der Datenlage abhängig machen.

Trotz stetiger Fortschritte bei der Senkung der Inflation sei diese noch zu hoch. Wenn es zusätzliche Hinweise auf ein dauerhaft überproportional starkes Wirtschaftswachstum gebe oder Anzeichen, dass sich der Arbeitsmarkt nicht weiter abkühle, könnte die Fed mit einem strafferen Kurs reagieren. Die Notenbank hat die Zinsen seit Anfang 2022 von nahe null auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent gehievt. Die Währungshüter fassten in ihrem im September aktualisierten Ausblick noch eine Erhöhung um einen viertel Prozentpunkt für dieses Jahr ins Auge.

Die Inflation hat sich zuletzt auf der Marke von 3,7 Prozent festgesetzt und erweist sich damit als hartnäckiger als erwartet. Die Fed will mit ihrer straffen Linie einer Teuerungsrate von zwei Prozent näherkommen. Zugleich will sie damit den heiss gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen. Powell sagte dazu, es gebe Hinweise auf eine schrittweise Abkühlung.

Finanzbedingungen «erheblich» verschärft

Sollte die Fed Anfang November nach der Pause im September erneut die Füsse stillhalten, würde sie die Zinsen erstmals seit Beginn der Straffungsserie auf zwei Sitzungen in Folge konstant halten. Zuletzt hatten mehrere Währungshüter darauf verwiesen, dass sich die Finanzierungsbedingungen verschärft hätten und die Kapitalmärkte der Fed damit einen Teil der Arbeit abgenommen hätten.

Auch Powell wies nun auf die jüngsten marktbedingten Anstiege der Anleiherenditen hin, die dazu beigetragen hätten, die allgemeinen Finanzbedingungen «erheblich» zu verschärfen: «Anhaltende Änderungen der finanziellen Bedingungen können Auswirkungen auf den Kurs der Geldpolitik haben», fügte der Fed-Chef hinzu. Sie könnten die gleiche Aufgabe erfüllen wie Zinserhöhungen der Fed.

Am Bondmarkt kehrten die Anleger angesichts der Aussicht auf weiter hoch bleibende Zinsen Staatsanleihen den Rücken. Die Kurse fielen, im Gegenzug ging es bei den Renditen weiter aufwärts. Die zehnjährigen US-Treasuries rentierten zeitweise mit 4,996 Prozent nach 4,902 Prozent am Mittwoch. Damit kratzte die Rendite an der Marke von fünf Prozent, die zuletzt 2007 überwunden wurde. Der Zinssatz der US-Staatsanleihe ist nicht nur für die Refinanzierungskosten des Staates eine wichtige Grösse. Auch viele Verbraucher- und Firmenkredite richten sich daran aus.

(Reuters)